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Pimpernelle und co

Herausgegeben von Susann in Allgemeines · 28/2/2016 13:09:00
Kürzlich ärgerte ich mich über einen Artikel in der NZZ, bei dem es um die „Erziehung des Gastes“ durch den Wirt ging. Kurz zusammengefasst strafen die Beizer ihre Gäste ab, wenn diese lediglich auf eine Vorspeise oder etwas Kleines  Appetit haben und nicht auf einen opulenten Hauptgang. Die Wirte überlegen sich allen Ernstes, ob man künftig auch die Serviette und das Gedeck mit CHF 17.50 (sic!) dem Gast in Rechnung stellen soll. Ich ärgere mich über diese Frechheit, die an Wucher grenzt. In einem solchen Lokal werde ich bestimmt nie essen gehen. Wohin triftet denn die Gastronomie ab frage ich mich einmal mehr. Das ewige Gejammer der Beizer, dass sich kein Mensch in ihre Kochtempel verirrt und sie Abend für Abend leere Tische hätten, ist demjenigen der Basler Ladenbesitzer über den Einkaufstourismus nicht unähnlich. Es fehlt hüben wie drüben an der Einsicht in die Notwendigkeit des Umdenkens betreffend  zusätzliche Dienstleistungen erbringen, Anpassung des Preis-Leistungsverhältnis  oder mit Innovation neue Ideen auszuhecken.

Da lobe ich mir das Restaurant im Bottminger Schloss! Jeden Dienstagabend kann ein Diner Surprise für CHF 99.-- genossen werden. Man wählt aus der saisonalen Menukarte Vorspeise, Hauptgang und Dessert aus zu welchem der jeweils passende Wein kredenzt wird. Ausgesprochen kompetent und freundlich das Personal. Dies nenne ich Innovation. Die haben es in meinen Augen „begriffen“.  Als Freizeitköchin mit dem romantischen Traum eines eigenen Restaurants, habe ich noch weitere ladenfüllende Ideen, die ich aber momentan noch nicht verraten will.

Nun nach längerer Pause vom kreativen Kochen und Schreiben, fühle ich mich wieder erstarkt in meiner Phantasie und in meinen Fingern beginnt es wieder zu kribbeln. Gestern setzte ich mich intensiv mit dem Kochbuch von Olivier Streiff, meinem Lieblingskoch, auseinander. Nahm ein zweites hinzu und begann in Gedanken den diesjährigen Gemüse- und Kräutergarten bei Adrian zu gestalten. Sah geistig die vielen kleinen Terracottatöpfchen, aus denen verschiedenste kleine grüne Kräuter spriessen werden.

Beim nochmaligen Lesen der Rezepte verstand ich auf welch hohem Niveau sie zubereitet werden. Ich rede hier im Speziellen von den natürlichen Condiments und Vinaigrettes, mit denen die Teller verziert werden, um die gezauberten Gemüse-, Fleisch- und Fischkombinationen harmonisch zu drappieren.

Dieses Jahr werde ich mich besonders mit der Veredelung meiner Rezepte und neuen Eigenkrea­tionen beschäftigen. Mein Bestreben ist es noch schönere Teller zu servieren, indem ich das Gemüse anders schneide und verschiedene Sorten zusammen kombiniere. Aus Kräutern wie zum Beispiel Ruccula oder Pimpernelle möchte ich meine eigenen Condiments fabrizieren und dazu auch vermehrt den Mörser einsetzen.

Ich sehe und rieche bereits das von Adrian scharf angebratene Lammfiletstück auf Schnittlauch-Pimpernelle-Piment Esplette-Frühlingskartoffelbeet mit jungen Kefen. Doch noch ist Winter und die Küche entsprechend kräftiger.

Heute Abend zum Beispiel werde ich Rindsfiletspitzchen mit Shitakepilzen an einer Estragon-Tomatensauce mit ca. 2cm dicken Fettuccine kochen. Welch Glück in diesen Worten steckt. Welch Lebensfreude für mich im Kochen liegt. Traurig denke ich dann an all die Menschen, denen diese Freude genommen wurde. Aus Gründen des Kriegs, Terror und Angst. Ich danke den Göttern, dass ich als Mensch des Westens mich in diesem Wohlfühlstatus aufhalten darf.

Mein Haupt-Kraftwerk liegt im Kochen nebst meinen andern Kreativitäten, meiner Familie und Freunden. Hätte ich dies alles nicht, wäre ich um ein Vielfaches ärmer und die Welt sähe für mich trist aus. Doch ich bin unendlich dankbar, dass man mir die Freude, andern mit meinem Kochen Freude zu bereiten, in mein Herz gelegt hat.
 
Und so gehe ich bald aus dem Büro, um bei Adrian die Pfannen auf den Herd zu stellen und mit den  Keramikmessern zu schnipseln. Bald zieht der göttliche Duft des erwärmten Olivenöls mit den Zwiebelchen und Knoblauch durchs Haus. Mit denen beginnt nämlich meine Sauce und damit mein Wochenende.
 
A bientôt, Susann 



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