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Tour de France

Herausgegeben von Susann in Allgemeines · 27/8/2017 20:14:00
Heute Morgen traf ich zufällig eine lange nicht mehr gesehene Kollegin, die den gleichen Weg zur Arbeit fuhr wie ich. Wir sprachen ein wenig über das herrliche Sommerwetter und dann begann sie mir über ihren Familienurlaub in Südfrankreich zu erzählen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, wie sie mir von Käse und Oliven auf dem Markt erzählte. Von der alten Marktfrau, die sie mittler­weile 20 Jahre kennen und die sie jedes Mal ans Herz drückt, wenn sie auftauchen. Sie erzählte mir vom Jour de Mistral und dem hohen Wellengang, vom Zirpen der Grillen und Rauschen der Bäume. Ich reiste gleich mit ihr dorthin - geistig.

Ich erzählte ihr ähnliches von unsern Erlebnissen und beichtete ihr, dass ich seither bereits schon drei Mal bei Leclerc war, um an der Käsetheke und im Weinregal meine Sehnsüchte nach Südfrankreich ein wenig zu stillen. Wir lachten fröhlich, denn offenbar kennt sie solche Handlungen nur zu gut. Deshalb ein grosses Glück für uns Fernwehleidenden, dass wir im Dreiland leben und per Velo innert paar wenigen Minuten am Zipfel dieses schönen Ferienlandes eintauchen können. Erinnerungen aufsteigen lassen und sich in denen verlieren.

Unsere diesjährigen Sommerferien waren eine kleine  Tour de France. Wir begannen sie mit einem kurzen Zwischenhalt in Dijon, das zu einem späteren Zeitpunkt unbedingt näher erkundet sein will. Wir sahen sehr wenig davon; doch so viele Hochzeiten, wie an diesem Tag, sahen weder Adrian und ich je zuvor. Ein kurzer Museumsbesuch im Musée des Beaux Arts liess uns anschliessend zum Café anhalten. Überrascht stellten wir dann fest, dass im gleichen Gebäude zugleich auch die Mairie (Ratshaus) untergebracht ist und dann gabs Hochzeit am Fliessband. Während knapp zwei Stunden sahen wir sieben Hochzeitspaare; allesamt in schönster Feststaat ausstaffierte Gesellschaften. Da war alles dabei von südlichem Flair in kräftigsten Farben, hohen Absätzen und Zigarillos bis hin zu dezenten pastellfarbigen gleichgeschlechtlichen Hochzeiten. Ein Freilufttheater der feinsten Sorte.

Danach reisten wir weiter nach Beaune. Das Abendessen einmal mehr in herzlicher, warmer, beinah familiärer Atmosphäre bei Olivier und Nina Streiff. Leider vergass ich daheim das Kochbuch zum Signieren; ich bringe es halt einfach beim nächsten Mal mit. Nina flüsterte mir, dass es bald eine Fortsetzung des Kochbuchs gäbe. Ich genoss den herrlichen Abend mit Adrian bei Oliviers göttlichem Essen und Ninas herzlicher (Gast)freundschaft.
Tags darauf reisten wir nach Sully an der Loire, wo wir das das prächtige Loireschloss besichtigten und eine mittelprächtige Pizza assen. Am Folgetag gings weiter zur Kanalbrücke von Briare, auf welcher Boote ein Tal überqueren können. Ein bauliches Meisterwerk aus Stahl von Monsieur Eiffel.

Wir reisten weiter auf der Route Nationale 7 weiter in Richtung Süden, fuhren durch verschlafene Nester und Weingegenden, wie übrigens die ganze Reise lang. Im Laufe des späteren Nachmittags erreichten wir Roanne, um im Château de Mâtel für zwei Nächte zu übernachten. Verschwitzt kamen wir bei langsam sinkender Sommersonne an und lernten gleich beim Aussteigen eine Kopie von Tims Struppi nämlich Max, den Schlosshund kennen. Der Schlossherr führte uns arme Verschwitzten gleich in den Garten und setzte uns auf die Holzbank. Kehrte flugs darauf mit Wasser, Bier und Rosé zurück und liess uns erst mal ankommen.

Die Blätter der alten mächtigen Bäume rauschten, am Weiher schnatterten die Gänse und Enten um die Wette, während Max die Hühner in den Stall trieb. Anschliessend fegte er zu uns und blieb dort mit gespitzten Ohren unsern Gesprächen lauschend liegen. Die Schlossherrin begrüsste uns später genauso herzlich und so sassen wir und plauderten, als ob wir uns seit Ewigkeiten kennen würden; ein Treffen mit alten Freunden. Irgendwann bezogen wir die Suite und bekamen eine Essensempfehlung in einem fröhlichen kleinen Restaurant

Schweren Herzens packten wir zwei Tage später wieder unsere Koffer und fuhren weiter auf der N7. Doch zuvor machten wir noch kurzen Stopp in den „Halles de Roanne“, eigentlich bloss um Mineralwasser und Sandwich zu kaufen. Wenig überraschend blieben  wir dann rund drei Stunden hängen, kauften diverse Teesorten von Dammann und tranken in der hauseigenen Rösterei köstlichen frischgerösteten Kaffee.

Dann gings weiter nach Lyon. Eine tolle Stadt durch welche gleich zwei Flüsse fliessen. Die Saône und die Rhône. Wir lebten in einer kleinen Wohnung, die in einem alten Kloster untergebracht war mitten im zweiten Bezirk und erkundeten diese riesige Stadt. Zählten in unserer Strasse an die 30 Restaurants, allesamt mit tollen Speisekarten, wenn auch deftiger Küche. Fanden kleine lustige Geschäfte, in denen wir mit Freuden ein paar Euros ausgaben. So zum Beispiel im cookme. Dort werden Salze aus der ganzen Welt verkauft. Ebenso Kräuter, Zuckermischungen und Pfeffermischungen. Ich wurde schwach und kaufte mir ein Rauchsalz vom Pazifik, ein Wikingersalz, ein rotes aus Hawaii und feinst gemahlenes Kala Namak aus dem Himalaya. Über die Vielfalt und meine Begeisterung für Salze erzähle ich euch gerne ein anderes Mal.

Wir entdeckten in der Altstadt Oliviers&Co., einen Olivenöl Spezialisten, dessen Geschäfte im ganzen Land verstreut zu finden sind. Zugpferdchen ist Olivier Streiff, dessen Ketchups, Marinaden, Tapanaden und Condiments im Sortiment zu finden sind. Der Verkäufer strahlte über beide Backen als wir ihm erzählten, dass wir vor ein paar Tagen dort gegessen haben. Wir kauften im Honiggeschäft 8 Sorten unterschiedlichste Honig ein. Solche nach Bergamotte duftende, Lavendel und Zitrone, einen aus Korsika und sonstige klebrigen Köstlichkeiten. Später fanden wir einen kleinen Laden, der von oben bis unten die wunderbarsten selbstfabrizierten Konfitüren verkauft. Mein Geheimtipp: Rhabarber mit Bergamotte.

Wir waren in den Hallen von Paul Bocuse, der ja aus Lyon kommt. Mich beeindruckte die hohe Kunst der liebevoll zubereiteten Speisen und dies zu einem Preis, bei dem man hier knapp ein Schoggiweggli kaufen kann. In les Halles ass ich auch zum allerersten Mal armenisch. In einem Feinkostladen (innerhalb der Hallen) kauften wir allerlei kulinarische Souvenirs. Der Magen begann irgendwann zu knurren und wir entdeckten, dass dieses Geschäft ein kleines Restaurant führt. Dort sassen wir und teilten uns eine mit feinstem Hackfleisch gefüllte Aubergine mit Mandelreis und tranken armenischen Rosé.

Von Lyon gings nach Vonnas zu Georges Blanc. Dem Fünfsterne Kochpapst, der in diesem kleinen Ort ein Gourmetdorf erschaffen hat. Es war eine Freude dort zu sein und an seiner vornehmen Tafel bei grösstem Gewitter die Brust eines Bresse-Huhnes zu geniessen. Adrian und ich schmunzelten, denn wir beide kannten den Begriff „Presshuhn“ aus Kindertagen. Beide wurden wir von unsern Müttern nie aufgeklärt, dass das nicht „gepresst“ meint, sondern die Tiere aus der Gegend der Bresse (nördlich von Lyon) in Frankreich stammen. Zudem haben diese Hühnervögel blaue Beine und Füsse. Aber weil das unsere Mütter nicht wussten und uns das Allgemeinwissen zu Hühnern erst heute wichtig wurde, grinsten wir, als sich dieses Rätsel nun endlich löste.

Am andern Tag gings dann ENDLICH in die Provence. Wir betraten dieses an grandiosen Felsformationen üppige Land, fuhren erneut der Rhône entlang, an deren Hänge sich die Weinberge der Côtes du Rhône schmiegen. Spontan entschieden wir uns Les Baux de Provence einen Besuch abzustatten. Wir kraxelten die vielen Windungen auf das Hochplateau und versanken im Mittelalter. Das kleine Städtchen vom Mistral umtost zeigte sich uns von seiner schönsten Seite. Auch kulinarisch. Wir hatten nämlich ziemlich Hunger und bestellten uns in einem kleinen Restaurant, einen Assiette de Provence. Tapanade aus grünen und schwarzen Oliven, Zwiebelconfit, Terrine, Berge von knackigem Salat und Knoblauchbrot, Tomatenconfit, gebratener und frischer Ziegenkäse, Schinken, usw. usf. lagen auf diesem hübschen Teller. Dazu einen halben Weisswein aus der Provence und wir waren im 7. Himmel. Später standen wir dann dem Mistral vollkommen ausgesetzt auf dem höchsten Punkt von Les Baux und staunten über die Weitsicht. Im Herbst sähe man bis auf Marseille versicherte eine Panoramakarte….

Am späten Nachmittag trafen wir dann in unserem Tagesziel Montélimar ein. Eine hübsche Kleinstadt in der grad ein grosser Markt seine letzten Stände schloss. Es roch von allen Seiten nach Lavendel, Honig und Nougat. Wir besuchten den grössten Nougathersteller und freuten uns, dass im Nougatmuseum zugleich ein Museum  der Route N7 untergebracht ist. Wir sahen in einem Kurzfilm aus den frühen 50ern über das damalige Reiseerlebnis und fühlten unser Bild der Reise bestätigt. Wie gemütlich sich es reisen und zugleich so vieles erkunden lässt.

Von dort aus reisten wir nach Avignon weiter. Herrliche Stadt. Das erste was wir davon sahen war ein Bücherflohmarkt, wo wir gleich wieder Grosseinkauf machten. Weil wir unbedingt den Papstpalast besichtigen wollten, brachten wir schnell die Bücher zur Wohnung zurück und erfuhren von den Vermietern grad noch, dass das ganze Wochenende das Theater- und Filmfestival sei. Dies erklärte uns die langen Menschenschlangen vor den Kinos und Theatern. Nach dem stundenlangen Erkunden des mächtigen Palasts und dem Trotzen des Mistrals auf der Pont d’Avignon, die halbiert und abgebrochen mitten über der Rhône ragt, kam der Hunger zurück. Wir sassen an einer der Hauptstrassen im Fussgängerzentrum und staunten über Strassenkünstler, die die Menschenströme auf dem Weg ins Kino unterhielten. Dazu tranken wir einen Château Neuf du Pape und assen gut.

Bereits einen Tag danach reisten wir weiter nach Aix-en-Provence und machten Stopp in der Liquoristerie de Provence, einer Absinthe-Brennerei. Adrian machte Absinthe-Grosseinkauf für die Sonntagsküche. Der Monsieur war sehr darüber erfreut, so dass er mir gleich je einen Thymian-, Verveine- und Lavendel-Likör schenkte. Verdünnt mit einem spritzigen Prosecco ergibt das ein leckeres Apèrogetränk.

In Aix  lebten wir mitten in der Altstadt in einer kleinen Wohnung, umgeben von Restaurants und Bars, die die Auswahl schwerfallen liess. Aix ist sehr gross und bestimmt hübsch, wenn man es nicht ständig mit Marseille vergleicht, wie ich es tat. Mir fehlte jeglicher Charme der Stadt und von daher bin ich eine schlechte Repräsentatin davon. Pardon.

Der nächste Höhepunkt war eine Fahrt durchs Esterel, die uns nach 183 Kurven  an die Riviera brachte. Im Gegensatz zur Schweiz – wo jede kleinste Erderhebung fachmännisch und für teures Geld mit Tunnels durchstossen wird – fährt man in Frankreich um die Hügel herum oder rauf und runter. Nächster  Stop: Antibes. Auch hier lebten wir in einer hübschen, kleinen Wohnung in der Altstadt mit Blick aufs Meer. Wir assen in einem wunderbaren Restaurant Trüffelrisotto. Der ganze Teller war voll mit diesem wunderbaren Pilz. Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen. Sangen dann später im rappelvollen Absinthemuseum dicht gedrängt mit Franzosen und dem Pianospieler bei Absinthe um die Wette. Fühlten uns in die Belle Epoque Jahre zurückversetzt und kniffen uns gegenseitig in die Arme, um sicherzugehen, dass wir nicht friedlich schlummernd mit einem lustigen Traum im Bett liegen.

Auf dem Markt kaufte ich fünferlei verschiedene Tomatensorten und ein grosses Stück Parmesan, das ich dann daheim zur Milderung des ersten Sehnsuchtsmoments nach Frankreich kochte. Doch noch waren zwei Tage Ferien übrig. Die Farben des Meers und das Ambiente der französischen Riviera begeisterte uns und ganz verliebt liessen wir uns in Menton direkt am Meer in einem kleinen Restaurant nieder. Füsse im Sand vergraben, assen wir feines Charolais-Steak beziehungsweise Meeresfrüchtesalat und schlürften den letzten Rosé aus der Provence.

Schwermütig nahmen wir Abschied und kamen Stunden später in Italien an. Waren über den verblassten Glanz der Fünfsterne Albergo am Lago die Como etwas ernüchtert. Noch trister wurde es auf dem Gotthardpass, wo uns ein Schilderwald belehrte, welche Toilette man als Hotelgast, Restaurantgast oder als Tagesdurchflieger benutzen darf. Da half auch kein schauerlich singender Cowboyverschnitt nichts, der im ziemlich kühlen Wind von Landleben der Cowboys sang.

Nun sind schon wieder einige Wochen seit diesen schönen Ferien vergangen, in denen wir wunderbares Essen und Trinken genossen haben. Diverseste Landschaften erkundeten und entdeckten und spannendende, grossartige Menschen kennengelernt haben. Im Herzen schwirren viele Erinnerungen an diese reiche Zeit, die sich dann hoffentlich auch in meinen Rezepten widerspiegeln werden.

A bientôt, Susann
 



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